Berufsgenossenschaft: 
Pauschalisierte Beitragsberechnung verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz

Die gesetzliche Unfallversicherung ist wie die übrigen Zweige der Sozialversicherung eine Pflichtversicherung, deren gesetzliche Grundlage ab 1.1.1997 das Siebte Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist. Hiernach ist nach §§ 2 ff. SGB VII geregelt, welche Personen kraft Gesetzes versichert sind bzw. die Möglichkeit zum Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung haben. 

Da Teilnehmende des Fernunterrichts als Lernende nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII versichert sind, müssen Fernstudienanbieter nicht nur Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung für ihre Angestellten an die Berufsgenossenschaft abführen, sondern auch für Lernende, sofern diese an Präsenzseminaren im Rahmen des Fernstudiums teilnehmen und die Weiterbildungsmaßnahme nicht vom Arbeitgeber finanziert wird. Hierzu heißt es auf der Website der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG): Beitragspflichtig ist der Sachkostenträger, also das Unternehmen, das die Maßnahme institutionell durchführt, indem Räume, Personal und Unterrichtsmittel bereitgestellt und die Maßnahmen in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung durchgeführt werden. 

Auch die Beitragserhebung ist kraft Gesetzes für Lernende geregelt (§ 155 SGB VII i.V.m. § 24 Abs. 3 Satz 4 der Satzung der VBG). Der Beitrag für Lernende wird genau wie der Beitrag für Arbeitnehmer:innen jährlich rückwirkend erhoben. Zur Beitragsberechnung müssen die Unternehmen der Berufsgenossenschaft jährlich die Anzahl der Teilnehmenden an versicherten Maßnahmen je Kalendermonat nachweisen. Abgerechnet wird jedoch nicht die tatsächliche, tagesgenaue Anwesenheit des Teilnehmenden, sondern immer ein ganzer sogenannter „Schülermonat“ – egal, wie lange der Teilnehmende vor Ort anwesend ist.

Im Beitragsbemessungsverfahren ist gemäß § 155 SGB VII der Satzung bestimmt, dass die Beiträge nicht nach Arbeitsentgelten, sondern nach der Zahl der Versicherten unter Berücksichtigung der Gefährdungsrisiken berechnet werden. Der sogenannte Gefahrtarif, der Gefährdungsrisiken berücksichtigen soll, wird für Fernschulen und private Hochschulen, die als Bildungseinrichtungen hierbei der Gefahrtarifstelle 04 zugeordnet sind, mit Gefahrklasse 1,0 veranschlagt. Der Beitrag für Teilnehmende an Qualifizierungsmaßnahmen beträgt für das Jahr 2019 pro Monat 5,47 Euro.

Für Fernunterrichtsanbieter stellt die aktuelle Form der Beitragserhebung eine Diskriminierung dar. Lernende, die in der Regel nur wenige Tage oder Wochen an einer Präsenzveranstaltung im Haus des Bildungsträgers (oder anderen von ihm angemieteten Seminarräumen) teilnehmen, müssen für einen ganzen Monat versichert werden.

Beispielrechnung: 
Ein kleiner Bildungsanbieter verfügt über einen Seminarraum, der 15 Teilnehmende fasst. Dieser ist im Monat vier Wochen belegt – jedoch von unterschiedlichen Seminarbesucher:innen. Der Bildungsanbieter wäre verpflichtet, 60 Monatsbeiträge an die Berufsgenossenschaft abzuführen, obwohl kein einziger Teilnehmender auch nur ansatzweise einen Monat lang vor Ort ist. Bei größeren Anbietern, die über mehr Raumkapazitäten verfügen, erhöhen sich die monatlich zu leistenden Zahlungen entsprechend schnell um ein Vielfaches.

Das Beitragsbemessungsverfahren macht deutlich, dass es versäumt wurde, die fachliche Auseinandersetzung zur Materie Fernunterricht zu führen. Gerne stellen wir hier unsere Expertise als branchenweit agierender Fachverband zu Verfügung, um dies nachzuholen. 

Denn schon die Bezeichnung des Weiterbildungsformates sagt aus, dass Qualifizierung hier in erster Linie über die Distanz erfolgen. Der Einsatz von vertiefenden vor Ort stattfindenden Seminaren ist in der Regel auf die Vermittlung praktischer Fähigkeiten reduziert und umfasst somit immer nur einen geringen zeitlichen Anteil der gesamten Weiterbildungsmaßnahme, der sich auf wenige Tage beschränkt. Wir fordern daher eine Anpassung bzw. Differenzierung der pauschalierenden Beitragserhebung und die Möglichkeit, diese nach Wochen oder Tagen abzurechnen, ggf. auch nach maximal zur verfügend stehender Platzkapazität. D. h. nach dem aufgeführten Rechenbeispiel, der Bildungsanbieter zahlt 15 Monatsbeiträge, egal wie oft die Belegung wechselt.

Ansprechpartner für weitergehende Fragen:
Bundesgeschäftsstelle
Tel. 030 – 767 856 970
geschaeftsstelle@fernstudienanbieter.de