Staatlich zugelassener Fernunterricht als berufsbildende Maßnahme im umsatzsteuerlichen Kontext
Alleinstellungsmerkmal staatlich zugelassener Fernunterricht – Überblick
Digital unterstützte Bildung liegt im Trend. Dies betrifft sowohl synchrone als auch asynchrone Bildungsformate. Daneben gibt es hybride oder virtuelle Angebote, die verschiedene Formate vereinen. Die Finanzierung erfolgt durch private Bildungsinteressierte, Unternehmen und/oder den Staat. Dies führt zu einer erhöhten Komplexität im (Weiter)Bildungsbereich und in der umsatzsteuerlichen Einordnung. Vor diesem Hintergrund kommt staatlich zugelassenem Fernunterricht und der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) eine besondere Bedeutung zu:
Staatlich zugelassene Angebote sind berufs- und abschlussorientiert, bereiten auf institutseigene, staatliche oder öffentlich-rechtliche Prüfungen vor und sind damit, unabhängig von ihrer möglichen Laufzeit, von vergleichbarer Zielsetzung wie eine Ausbildung oder eine berufliche Umschulung. Die Kernzielgruppe im Fernunterricht sind private, selbstzahlende Lerner:innen („B2C“). Die bundesweit tätige Behörde ZFU überwacht im Sinne einer Erreichbarkeit dieser Abschlüsse nicht nur die methodisch/didaktische sowie die verbraucherrechtliche Qualität aller Fernlehrgänge – laut Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) müssen Fernlehrgänge in Deutschland staatlich zugelassen sein – sondern bescheinigt auch die Umsatzsteuerbefreiung der Angebote. Dieses im „Staatsvertrag über das Fernunterrichtswesen“ geregelte Vorgehen ist seit 1978 gelebte Praxis und hat sich bewährt.
Eingangsleistungen – Erstellung der Bildungsleistung
Der Schwerpunkt der Vermittlungsformate ist lt. FernUSG asynchron, d.h. bei mehr als 50% der Unterrichtszeit besteht eine räumliche und zeitliche Trennung des Lehrenden vom Lernenden. Die Studienmaterialien, die in Print oder digital über Lernmanagementsysteme zur Verfügung gestellt werden, sind damit verschriftlichter Unterricht: Autoren der Studienmaterialien erfüllen eigenständig die Rolle des Lehrenden. An sie werden hohe Anforderungen gestellt, denn sie müssen nicht nur Fachkenntnisse vermitteln, sondern – im Gegensatz zu Fachbüchern – im Rahmen einer motivierenden Fernunterrichtsdidaktik mögliche Fragen des Lernenden antizipieren und diese in interaktiven Feedbackschleifen, Fallstudien und Rollenspielen abbilden. Die Materialien sind dabei so aufgebaut, dass Autor:innen nicht mehr kontaktiert werden müssen, um das Lernziel zu erreichen. Dies wird im Zulassungsprozess durch die ZFU bzw. durch der ZFU zuarbeitende Gutachter z.B. im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) überprüft. „Die ZFU-Zulassung bestätigt, dass ein Lehrgang den Anforderungen des FernUSG entspricht, d.h. dass Lehrgänge fachlich und didaktisch geeignet sind, das Lehrgangsziel zu erreichen, und die geltenden Rechtsvorschriften eingehalten werden. Dazu gehört die Entscheidung, dass der Fernunterrichtsvertrag und die Informationsmaterialen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.“ (Quelle: ZFU.de) Die Studienmaterialien sind daher die Bildungsleistung. Dem Fernunterrichtsanbieter kommt im Prozess lediglich eine organisatorische Rolle zu. Flankierende, tutoriell betreuten Einsende- bzw. Projektaufgaben oder Online-Tests erfüllen darüber hinaus den Zweck der Lernfortschitts- bzw. Leistungsstandskontrolle. Dieses Vorgehen wird auch regelmäßig durch Akkreditierungsagenturen bestätigt, die akademische Fernstudienmaterialien mit entsprechender Vergabe von Credit Points (CP) als Selbststudium anerkennen.
Autorenleistungen im staatlich zugelassenen Fernunterricht erfüllen daher die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchstabe b) UstG. Dann wäre es folgerichtig, Abschnitt 4.21.3 Absatz 2a UStAE ersatzlos zu streichen.
Ausgangsleistung – Erbringung und Abrechnung der per Fernunterrichtsvertrag festgelegten Bildungsleistungen
Über eine halbe Million Bundesbürger:innen entscheiden sich jährlich für digitale Qualifizierungsmöglichkeiten in Fernunterricht und Fernstudium und qualifizieren sich somit zu den Fachkräften, die die deutsche Wirtschaft händeringend sucht. Sie tun dies zumeist aus eigenem Antrieb und finanzieren ihre Weiterbildungen zudem überwiegend aus eigenen Kräften. Aufgrund seiner hohen Orts- und Zeitunabhängigkeit und staatlicher Überwachung ist Fernunterricht die flexibelste und auch „anerkannteste“ Methode für Arbeitnehmer:innen und häufig sogar die einzige Form einer möglichen Weiterbildungsbeteiligung für Personen in Elternzeit, Schichtarbeitende oder Bewohner:innen im ländlichen Raum. Auch Migrant:innen können mittels Fernunterricht für den deutschen Arbeitsmarkt gewonnen werden, da sie die Möglichkeit erhalten, sich in tutoriell betreuten Umgebungen mit der deutschen Sprache im Selbststudium vertraut zu machen.
Moderner Fernunterricht zeichnet sich durch eine hohe Multimedialität und Blended Learning aus und vermittelt Lernenden neben fachlichen Qualifikationen allein durch die Teilnahme am Weiterbildungsprozess digitale Fähigkeiten. Jede der durch die ZFU staatlich zugelassenen Maßnahmen erfüllt die hohen Qualitätsansprüche hinsichtlich einer beruflichen Weiterbildung. Reine Hobbykurse müssen nicht staatlich zugelassen werden. Verbraucher:innen holen i.d.R. über einen Fernkurs oder ein Fernstudium einen Bildungsabschluss nach oder runden ihre berufliche Umorientierung im Sinne eines lebenslangen Lernens mit einem formalisierten Bildungsabschluss ab – vergleichbar mit einer Ausbildung oder einer beruflichen Umschulung. Alle durch die ZFU zugelassenen Bildungsmaßnahmen befähigen zur Aufnahme eines Berufes oder bereiten auf einen Berufswechsel – innerhalb oder außerhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses im Sinne einer Beschäftigtenqualifizierung – vor. In diesem Sinne ermöglicht der 2021 ins Leben gerufene Fernstudien-DQR eine zusätzliche Einordnung der per staatlich zugelassenem Fernunterricht erworbenen Abschlüsse nach dem Deutschen Qualitätsrahmen DQR. Verbraucher:innen verlassen sich auf das Siegel der staatlichen Zulassung durch die ZFU als lernmedienübergreifende Instanz.
Der Fernunterrichtsanbieter rechnet unabhängig von seiner Unternehmensform die nach dem FernUSG erbrachten Leistungen – insbesondere Bereitstellung der Bildungsleistung und Lernerfolgsüberwachung – direkt mit den Lerner:innen ab. Dies geschieht auf Basis des Fernunterrichtsvertrages i.d.R. monatlich und im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchstabe a) UstG als unmittelbar dem Schul- bzw. Bildungszweck dienende Leistung. Das ZFU-Siegel ist damit das Differenzierungsmerkmal z.B. ggü. Fortbildungen, die i.d.R. von Unternehmen finanziert werden, für eine Steuerbefreiung.
Bescheinigung der Umsatzsteuerbefreiung durch die ZFU
Der Staatsvertrag sieht die Zuständigkeit der ZFU für die Erteilung der nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG erforderlichen Bescheinigung vor. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass für Fernunterrichtsanbieter und ihre in ganz Deutschland verteilten Fernstudierenden eine zentrale Stelle einen „Flickenteppich“ von Einzelentscheidungen vermeidet. Zuständig für die Zulassung von Fernunterrichtsleistungen sowie für die steuerliche Beurteilung von Einzelsachverhalten sind die Länder(finanz)verwaltungen, weshalb es auch des Staatsvertrags bedurfte, um diese Kompetenzen in die Hände der bundesweit einheitlich zuständigen Einrichtung ZFU zu legen.
Ein Fernunterrichtsanbieter stellt hierbei in einem formellen Zulassungsprozess einen Antrag auf Zulassung seines Angebotes bei der ZFU. „Dem Antrag auf Zulassung sind eine abgeschlossene Lehrgangsplanung, das im Fernlehrgang verwendete Lernmaterial, der Entwurf eines Vertragsformulars sowie die vorgesehenen Informationsschriften beizufügen. Liegen keine Versagungsgründe vor, wird ein Zulassungsbescheid mit einer Zulassungsnummer erteilt.“ (Quelle: ZFU.de). Die abgeschlossene Lehrgangsplanung ist das Leitdokument des Zulassungsverfahrens und unterteilt sich in sechs Leitpunkte: 1. Lehrgangsziele 2. Zielgruppe 3. Didaktischer Ansatz 4. Umsetzung des didaktischen Ansatzes 5. Betreuung 6. Evaluation. Teil der Zulassungsprüfung unter Leitpunkt 1 durch die ZFU sind ausdrücklich berufliche Tätigkeitsformen, - felder und Einsatzbereiche.
Zusammen mit dem Zulassungsbescheid bescheinigt die ZFU gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten und somit die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind.
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